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Ein Messe-Demonstrator für eine Low-Code IoT Plattform

Für ein Softwareprodukt zur Automatisierung und Integration von Maschinen und Systemen eignet sich ein Demonstrator, der die Funktionalitäten präsentiert. Ein solcher Demonstrator stellt eine besondere Herausforderung dar. Ich stelle deshalb hier die Ergebnisse meiner Bachelorarbeit zum Thema Aufbau und Entwicklung eines Messe-Demonstrators für eine Low-Code IoT Plattform für Systemintegration.

Der erste Kontakt

Kurz vor dem Abschluss meines Wirtschaftsinformatik-Studiums lernte ich die wobe-systems GmbH als Unternehmen bei einem Gastvortrag an meiner Universität kennen. Mein Interesse war geweckt und ich bewarb mich initiativ bei der wobe-systems GmbH, in der Hoffnung vielleicht ein Bewerbungsgespräch zu ergattern. Das bekam ich auch. Der Geschäftsführer Maik Wojcieszak stellte mir Irene, ein Mitglied des Titan Teams, vor. Irene hat mir dann von der titan Plattform erzählt. Ich erkannte das Potenzial der titan Plattform und war von der Idee begeistert. Gesagt getan, habe ich die Stelle angenommen und so begann dann mein erster Tag.

Ein Messedemonstrator für eine No-Code-Plattform

Die titan No-Code Plattform war einsatzbereit. Nun sollte das Marketing beginnen. Bestandteil des Marketings ist es, das Produkt geeignet zu demonstrieren und Interesse bei potenziellen Kunden zu wecken. Eine Kaufendscheidung für eine Software treffen interessierte Kunde nur dann, wenn das Softwareprodukt einen erkennbaren Nutzen aufweist.

Ein persönliches Beispiel: Momentan benutze ich beim Sport gerne einen Fitnesstracker mit einigen Statistiken. Damals bin ich nicht regelmäßig zum Sport gegangen. Deswegen habe ich nicht wirklich den Sinn darin gesehen, mir dieses Gerät anzuschaffen. Der Preis war mir für eine kleine Spielerei zu hoch. Die Kosten überstiegen aus meiner Sicht den potenziellen Nutzen. Als ich nun anfing, regelmäßig zum Sport zu gehen, wurden die Informationen für mich interessanter. Der Nutzen der Informationen stieg. Anschließend habe ich mir einen Fitnesstracker zugelegt, weil der Nutzen für mich nun den Kauf legitimierte.

Nun zur Leitfrage meiner Arbeit. Wie schaffe ich es, potenzielle Kund*innen für die titan Plattform zu interessieren? Diese Frage sollte meine Bachelorarbeit Aufbau und Entwicklung eines Messe-Demonstrators für eine Low-Code IoT Plattform für Systemintegration klären. Meine Aufgabe war es, einen Demonstrator für die titan Plattform für Messen und Kundenpräsentationen zu entwickeln. Kund*innen sollten so die Möglichkeiten und das Potenzial der titan Plattform erleben können.

Ich bin in meiner Arbeit wie folgt vorgegangen. Der erste Schritt war eine Wettbewerbsanalyse. Ich verglich die titan Plattform mit anderen Plattformen oder Frameworks auf dem Markt. Danach definierte ich die Zielgruppe der titan Plattform anhand von Daten, die mir die wobe-systems GmbH zur Verfügung stellte. Die Wettbewerbsanalyse hilft dabei die Eigenschaften des Produkts zu finden, die sich als besonders Einzigartig vermarkten lassen (USP). Die Zielgruppenanalyse hilft die potenziell interessanten Merkmale der titan Plattform zielgruppengerecht darzustellen. Meine Erfahrung und Beobachtung der titan Plattform als Anwender flossen darüber hinaus auch in die Betrachtungen ein und halfen die wichtigen Produktmerkmale der Plattform auszuwählen.

Die besonderen Merkmale der titan Plattform

Ich definierte zehn Produktmerkmale der titan Plattform, die interessant sein könnten für potenzielle Kund*innen.

Die zehn Produktmerkmale lauten wie folgt:

  • Low-Code (bzw. No-Code)
  • Prozesssteuerung
  • Wiederverwendbarkeit
  • Offene Schnittstellen
  • Datenverarbeitung
  • Portmatching (bzw. Portmapping)
  • Monitoring
  • Skalierung
  • Kollaborationsmodell
  • Geschäftsmodell

Low Code (bzw. NoCode)

Die titan Plattform ermöglicht Low-Code-Programmierung (LCP). Mittels LCP sollen Bricks einfacher miteinander zu Flows verknüpft werden. So können Facharbeiter Prozesse aufbauen oder verändern, ohne fundierte Programmierkenntnisse zu besitzen. Die LCP sticht heraus, da nicht alle Wettbewerber LCP angeboten habe.

Prozesssteuerung

Ein Flow kann mit wenig Aufwand durch die LCP gesteuert und geändert werden. Neue Anforderungen können mit wenig Aufwand in den Flow aufgenommen werden. Es gibt keine Grenzen beim Ausbau eines Geschäftsprozesses.

Wiederverwendbarkeit

Die Integration von IoT-Geräten und Software ist ein wichtiger Aspekt für Softwareplattformen dieser Art. Wiederverwendbarkeit bedeutet, dass Komponenten oder Prozesse für ähnlich geartete Anwendungen nicht neu entwickelt werden müssen, sondern durch Konfiguration angepasst und somit wieder verwendet werden können.

Offene Schnittstellen

Offene Schnittstellen zeigen ihren Vorteil, wenn viele verschiedene Objekte integriert werden. Objekte können dabei andere Softwaresysteme oder IoT-Geräte sein. Die titan Plattform besitzt offene und erweiterbare Schnittstellen. Es kann jedes Protokoll zur Kommunikation verwendet werden, was in Python möglich ist. Für die Zielgruppe ist die Verwendung einer Softwareplattform auch eine Entscheidung für die Zukunft, weshalb Freiheit und Flexibilität wichtig sind.

Datenverarbeitung

Verschiedene Daten können in die titan Plattform eingepflegt werden. Sie werden verarbeitet, korreliert und aufbereitet, um neue Informationen zu gewinnen. Dann können sie weitergereicht und verwendet werden.

Portmatching (bzw. Portmapping)

Das Portmatching ist ein einzigartiges Produktmerkmal innerhalb der Wettbewerber. Es verhindert die Verknüpfung von inkompatiblen Bricks. Zudem hilft es dem/der Entwickler*in dabei, immer anzunehmen, dass die Daten in einem Flow Paket konsistent sind. Dies verkürzt die Entwicklungszeit von neuen Bricks.

Portmatching war damals nur eine Kontrollfunktion bei neuen Verbindungen. Es wurde darauf geachtet, nur korrekte Verbindungen zuzulassen. Dieses Merkmal wurde mit der Zeit weiter ausgebaut und hat an Bedeutung gewonnen. Eine Verbindung ist nun konkretisierter. Weitere Informationen findest du hier.

Monitoring

Das Monitoring wird oft für Plattformen dieser Art angeboten. Auch die titan Plattform besitzt ein Monitoring-System. Es können die Geschäftsprozesse innerhalb der Unternehmung analysiert und überwacht werden.

Skalierung

Die titan Plattform bietet als einziger innerhalb der Wettbewerber Merkmale für eine Skalierung der Plattform. Ein Geschäftsprozess kann durch neuen Anforderung oder Verwendung von verschiedenen Komponenten komplexer werden. Das kann zu einer stärkeren Auslastung der Plattform führen. Die titan Plattform ist imstande durch seine Skalierungsmerkmale anspruchsvollere Prozesse auszuführen.

Kollaborationsmodell

Das Kollaborationsmodell, wie das Rollenmodell oder Industrial DevOps, sind nicht Prinzipien, die lediglich für die titan Plattform exklusiv sind. Die titan Plattform wurde in anbetracht dieser Modelle entwickelt und angepasst. Es ermöglicht eine einfache Integration der Prinzipien in die Unternehmung.

Geschäftsmodell

Das Open Source Entwicklungsmodell (OSE) ist bekannt in der Softwarebranche. Vendor-LockIn ist die Anbindung des Kunden an den Anbieter. Die Trennung vom Anbieter wird erschwert, um eine Bindung zu halten. Durch OSE sind Unternehmen frei bei der Nutzung der titan Plattform. Die wobe-systems GmbH bietet für die titan Plattform einen Software as a Service Ansatz an. Unternehmen, ohne die Möglichkeit einen Server zu warten, können die titan Plattform verwendet, indem Sie über das Internet auf ihre Instanz von der titan Plattform zugreifen.

Diese definierten Produktmerkmale halfen mir bei der Entwicklung des Demonstrators. So konnte ich mich darauf fokussieren, was über dem Demonstrator präsentiert werden soll. Die nächste Aufgabe bestand also darin, den Demonstrator zu entwickeln, der die definierten Produktmerkmale gut und deutlich darstellt.

Demonstrator

Im nächsten Schritt folgte der Aufbau des Demonstrators. Mir war es wichtig, dass der Demonstrator eine Interaktion mit Messerbesucher*innen ermöglicht. Messebesucher*innen sollten ein persönliches und positives Erlebnis mit Demonstrator haben. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich an die titan Plattform positiv erinnern. Der Demonstrator sollte eine Lösung in einem vertrauten Szenario der Zielgruppe abbilden, um den Nutzen durch die titan Plattform nachvollziehbar zu machen.

Zurück zum Fitnesstracker. Ich habe die Vorteile eines Fitnesstracker erst verstanden und nachvollziehen können, als ich regelmäßig zum Sport gegangen bin. Die Informationen des Trackers boten mir nützliche Informationen, deren Wert ich jedoch nicht direkt erkannte.

Die Zielgruppenanalyse ergab, dass sich die Zielgruppe im industriellen Umfeld befand. Das Szenario des Demonstrator sollte deshalb die Überwachung einer Produktionsstätte sein. Dafür werden verschiedene Daten einer Maschine im Produktionsbetrieb überwacht. Dabei handelt es sich um Temperaturdaten, Energiedaten, Produktionsdaten und Störungsdaten. Der Demonstrator imitiert dabei die Produktionsstätte und erzeugt die Daten.

Bediener am Maschinenarbeitsplatz

Szenario

Der Demonstrator besteht sowohl aus Hardware-Komponenten als auch aus Software-Komponenten. Aus dem Szenarium und den Produktmerkmalen entwickelte ich den folgende Demonstrator.

Hardware

Messe Demonstrator für Flow Programmierung

Demonstrator

Der Demonstrator basierte auf einer älteren Version eines Demonstrators der wobe-systems GmbH. Ein Temperatursensor (lila) maß konstant die Temperatur. Zusätzlich hat der Demonstrator noch eine LED-Lampe (grün) und einen Ventilator (blau). Angeschlossen sind die Geräte an zwei Raspberry Pis (rot), die sie steuern können.

Software

Die titan Plattform übernimmt die Verbindung von Hardware und Software. Zwei Flows dienen als Schnittstellen und übernehme die Verarbeitung der Daten. Als Beispiele entwickelte ich einen kleinen und einen großen Flow, die sich nur durch die jeweils überwachten Daten unterscheiden.

Der kleine Flow

Kleiner Flow mit Sensoren und Aktoren

kleiner Flow

Der kleine Flow überwachte nur die Temperaturdaten der Produktionsstätte. Diese werden durch den Temperatursensor produziert. Ab einem kritischen Punkt, der frei konfigurierbar ist durch das titan UI, schaltet sich der Ventilator und die LED-Lampe an. Es wird zudem eine SMS zur Benachrichtigung versendet.

Der große Flow

Flow mit Aktoren und Sensoren

großer Flow

Der große Flow hingegen überwachte die Temperaturdaten, die Energiedaten, die Produktionsdaten und prüft auf Störungen der Produktionsstätte. Die Temperaturdaten sind live. Sie stammen direkt vom Sensor. Die übrigen Daten werden simuliert. Alle Daten werden vom Flow in einer Datenbank gesammelt und in Echtzeit in einem Dashboard dargestellt.

Dashboard für Flow Programmierung

Die Produktmerkmale flossen in die Entwicklung des Demonstrators ein. Sie ließen sich jedoch nicht durch die alleinige Darstellung der Flows repräsentieren. Dafür habe ich eine strukturierte Präsentation des Demonstrators entwickelt. Die Präsentation beginnt mit dem kleinen Flow, der die Hauptfunktionalität der Hardware darstellt. Der kleine Flow wird während der Präsentation ausgebaut und entwickelt sich zum großen Flow. So können Messebesucher*Innen erleben wie eine Lösung vor ihren Augen entsteht.

Evaluierung meiner Arbeit

Die Evaluierung des Demonstrators konnte leider nicht live stattfinden, da COVID-19 mir einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Stattdessen produzierte ich verschiedene Youtube-Videos, um die Produktmerkmale mit dem Demonstrator zu präsentieren. Nach jedem Video ermittelte ich in einer Online-Umfrage die Eindrücke der Testpersonen. Ziel der Umfrage war es festzustellen, ob die gewählten Produktmerkmale ansprechend für Messebesucher*innen sein werden.

Die Eindrücke der Befragten analysierte ich anhand des KANO-Modells. Das KANO-Modell klassifiziert die Produktmerkmale in vier unterschiedlichen Kategorien, die einen unterschiedlichen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit haben. Der Einfluss hängt davon ab, ob das Produktmerkmal fehlt oder vorhanden ist. Ich konnte die oben genannten Produktmerkmale durch die Umfrage den Kategorien des KANO-Modells zuordnen. Das Ergebnis sah folgendermaßen aus:

Analys nach Kano-Modell

Die Befragten wurden nach ihrem Hintergrund aufgeteilt. Es waren Studierende der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Kollegen aus der wobe-systems GmbH, assoziierte Partner des Titan Projekts oder sonstigen Personen. Die Umfrage zeigte, dass insgesamt acht der zehn Produktmerkmale als Leistungsmerkmal angesehen werden. Als Leistungsmerkmal dienen sie der titan Plattform als Identifizierungskriterium im Vergleich zum Mitbewerb. Die Präsentation des Geschäftsmodells wurde bei den befragten Personen indifferent aufgenommen. Es schaffte keine Kundenzufriedenheit. Die Prozesssteuerung wurde als Basis-Merkmal klassifiziert. Sie schaffen keine Kundenzufriedenheit, sollte aber nicht fehlen, da sie sonst starke Kundenunzufriedenheit verursachte. Bemerkenswert war noch, dass die assoziierten Partner das Kollaborationsmodell als Begeisterungsmerkmal wahrnahmen. Es schaffte eine starke Kundenzufriedenheit.

Ich rechnete den Kundenzufriedenheit Koeffizienten auch aus den Ergebnissen der Befragung heraus. Der Koeffizient zeigt, wie sehr das Vorhandensein oder nicht Vorhandensein eines Produktmerkmals der titan Plattform die Befragten zufrieden oder unzufrieden stellt. Dies bedeutet in der Grafik, je höher ein Punkt ist, desto stärker ist der Einfluss auf die Zufriedenheit der Kund*innen, wenn dieses Merkmal auf der titan Plattform vorhanden ist. Je weiter rechts ein Punkt ist, desto stärker ist der Einfluss auf die Unzufriedenheit von Kund*innen, wenn dieses Merkmal auf der titan Plattform nicht vorhanden ist.

Kundenzufriedenheits Koeffizient

Kundenzufriedenheits Koeffizient

Der Kundenzufriedenheit Koeffizienten zeigte, dass die Produktmerkmale unterschiedlich wahrgenommen werden. Die Wichtigkeit variiert. Portmachting ist das Merkmal mit der höchsten Kundenzufriedenheit beim Vorhandensein. Es wurde von den Befragten als wichtigstes Merkmal angesehen. Skalierung und Monitoring waren die Merkmale, die die größte Unzufriedenheit beim Nichtvorhandensein schaffen.

Natürlich kann die Umfrage nicht als repräsentativ angesehen werden, da die Menge der befragten Personen sehr gering ist. Sie gibt aber einen Hinweis zur Wahrnehmung der Produktmerkmale bei den befragten Personen.

Fazit

Die titan Plattform ist ein Produkt mit viel Potenzial für Unternehmen. Es ermöglicht die Einbindung verschiedener Informationsquellen, Maschinen und Sensoren auf einer Plattform. Die Daten können gesammelt und aggregiert werden, um neue wichtige Informationen zu gewinnen. Das Potenzial zeigte sich auch in der Wettbewerbsanalyse oder durch das Interesse von verschiedenen Unternehmen an dem Thema No-Code in der Industrie. In meiner Umfrage wurden acht der zehn Produktmerkmale als ein Leistungsmerkmal und eins von zehn als ein Basismerkmal klassifiziert. Das zeigt, dass die gewählten Produktmerkmale gut Resonanz erzeugen. Der Demonstrator zeigt Messebesucher*innen die Produktmerkmale und vermittelt einen Eindruck des Potenzials.

Natürlich war ich stolz, als ich die Arbeit dann schlussendlich beim Prüfungsamt abgegeben habe. Es war der immerhin der Abschluss meines dreijähriges Studiums und das Ende eines Kapitels in meinem Leben.